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Andacht zum Sonntag Kantate (10. Mai 2020)

Veröffentlicht am: 09.05.2020, 19:17 Uhr - von: Andreas Nestler

Liebe Brüder, liebe Schwestern,


Geschmäcker sind verschieden. Das stimmt nicht nur beim Essen oder bei der Mode, das stimmt auch bei der Musik. Über wenige Dinge lässt sich so trefflich streiten wie über Musik. Was für den einen eine Wonne ist, ist für den anderen ein Graus. In ein und demselben Musikstück kann der eine Entspannung finden, aber der andere nimmt Reißaus. Und da muss man auch jedem und jeder seine und ihre Meinung lassen, denn über die Musik werden sich wohl nie alle Menschen einigen können. Das ist auch gut so, denn Geschmäcker sind eben verschieden.


Interessant finde ich eine Beobachtung: Ich habe den Eindruck, dass es beim Musikgeschmack fast immer nur um den Musikstil geht und nicht um den Inhalt der Musik. Da singe ich schnell den größten Mist lauthals mit, der mir sonst wohl nie über die Lippen kommen würde. Die Hauptsache ist, es klingt gut. Das lässt sich, wie ich finde, bei nahezu allen Musikstilen beobachten. Noch mehr ist das so, wenn der Text nicht auf Deutsch gesungen wird und die meisten Leute, mich eingeschlossen, höchstens die Hälfte verstehen. Der Inhalt tut eben wenig zur Sache, es geht um den Klang. Das war früher, z. B. zu DDR-Zeiten, sicher etwas anders, als sich in manchen Liedern subtile Botschaften versteckt haben.


An diesem Sonntag feiern wir den Sonntag Kantate. Kantate ist wieder einmal Latein und heißt zu Deutsch „singt“. Auch in dieser Woche stammt der Titel des Sonntags wieder von einem Bibelwort. Dieses Bibelwort aus Psalm 98 ist zugleich der Wochenspruch und heißt:
Singet dem Herrn ein neues Lied, denn er tut Wunder! (Psalm 98,1a)
Auch zu unserem Glauben gehört das Singen dazu. Ein Glaube ohne Musik ist ein armer Glaube. Doch auch bei der Musik unseres Glaubens sind die Geschmäcker sehr verschieden. Es gibt wohl keine Kirchgemeinde, in der es noch nie Diskussionen über die Musik und über die verschiedenen Musikstile gegeben hat. Und es gibt wohl niemanden, der sich nicht schon mal über ein bestimmtes Lied oder über ein bestimmtes Musikstück geärgert hat. Das Thema Musik ist gerade in unseren Gottesdiensten ein Dauerbrenner. Manche nehmen das (leider) sogar zum Anlass, gar nicht mehr in die Gottesdienste zu kommen. Das ist natürlich sehr schade.


Das Bibelwort aus Psalm 98 wird oft hergenommen, um damit neuere Musikstile zu fordern. Immerhin steht da: Singet dem Herrn ein neues Lied! Und damit können viele Lieder aus in unserem Gesangbuch wohl kaum gemeint sein, die vor 400 oder 500 Jahren einmal neue Lieder gewesen sind. Hätte Gott das gewollt, dann müsste es heißen: Singet dem Herrn ein altes Lied! So wird dann oft argumentiert. Doch so sehr, wie ich den Wunsch nach zeitgemäßer Musik verstehen kann, so wenig lässt sich dafür dieser Psalm ins Feld führen. Denn der Psalm will uns etwas anderes ans Herz legen.


Es geht nicht um die verschiedenen Musikstile und Musikrichtungen. Da waren die Geschmäcker sicher auch schon in der Zeit des Alten Testaments verschieden. Es geht darum, dass die Lieder, die wir singen, in uns neue, aktuelle Lieder werden. Es geht um den Inhalt der Lieder, nicht um den Klang. Weil Gott Wunder tut, deshalb sollen wir singen. Wir sollen nicht singen, weil uns dieser oder jener Musikstil gefällt. Es geht nicht darum, wie wir singen, sondern was wir singen.


Lasst uns mit offenen Augen und mit offenen Herzen durch unser Leben und durch unsere Welt gehen. Denn nur dann sehen wir die Wunder unseres Gottes. Wir sehen das Wunder der Natur, die im „lieblichen Maien“ grünt und blüht. Wir sehen das Wunder des Lebens, jedes Mal wenn ein kleiner Mensch geboren wird. Wir sehen das Wunder der Heilung, wenn jemand von einer Krankheit wieder gesund wird. Wir sehen das Wunder der Bewahrung, weil das Corona-Virus bei uns noch nicht um sich gegriffen hat. Wir sehen das Wunder der Bewahrung auch, wenn wir gesund und ohne Unfall aus dem Auto aussteigen. Die Welt ist voller Wunder. Wir müssen sie nur sehen.


Natürlich gibt es auch Situationen und Lebenslagen, in denen wir uns ein Wunder gewünscht hätten, das aber nicht gekommen ist. Aber zu Kantate richten wir unseren Blick eben bewusst auf die Wunder, die da sind. Für diese Wunder loben und danken wir Gott in Liedern. Weil Gott immer neue Wunder tut, deshalb sind diese Lieder für uns immer aktuelle und neue Lieder. Wir können sie jeden Tag neu mitsingen. Dabei ist es egal, wie alt oder neu dieses Lied ist und was es für eine Musikrichtung ist. Es ist in uns ein neues Lied. Die Geschmäcker sind verschieden, aber die Wunder Gottes sind jedermanns Geschmack.


Lasst uns deshalb die Wunder Gottes sehen und in das Lob Gottes einstimmen. Auch wenn das Singen in Corona-Zeiten nicht ganz einfach ist, sagt uns die Bibel: Singet dem Herrn ein neues Lied, denn er tut Wunder. Ich wünsche uns allen einen fröhlichen Sonntag Kantate und eine gesegnete Woche.


Und wie immer gilt am Schluss: Der Frieden Gottes, der höher ist als alle Vernunft, bewahre Eure Herzen und Sinne in Christus Jesus.


Ihr / Euer Pfarrer Matti Schlosser


P. S.: Die Andacht wird in den nächsten Tagen wieder im Flur des Pfarrhauses zum Mitnehmen und Weitergeben ausgelegt.