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Andacht zum Sonntag Rogate (17. Mai 2020)

Veröffentlicht am: 16.05.2020, 19:15 Uhr - von: Andreas Nestler

Liebe Schwestern, liebe Brüder,


ein Mann sitzt bei Hochwasser in seinem Haus. Das Wasser steht schon im Erdgeschoss. Der Mann betet zu Gott, dass er ihn retten möge. Kurz darauf kommt die Feuerwehr mit einem Boot und möchte ihn mitnehmen. Aber der Mann sagt: „Nein, nicht ihr, Gott wird mich retten!“ Er betet weiter. Einige Stunden später kommt die Feuerwehr wieder. Das Wasser steht inzwischen schon im ersten Stock. Aber der Mann sagt wieder: „Nein, nicht ihr, Gott wird mich retten!“ Er lässt sich nicht beirren und betet weiter. Wieder vergehen einige Stunden. Das Wasser steht nun schon im Dachgeschoss. Noch einmal versucht die Feuerwehr, den Mann zu retten. Doch wieder antwortet er: „Nein, nicht ihr, Gott wird mich retten!“ Es kommt, wie es kommen muss. Der Mann ertrinkt im Hochwasser. Im Himmel angekommen, sagt der Mann vorwurfsvoll zu Gott: „Ich habe die ganze Zeit gebetet, dass du mich rettest. Aber du hast mich ertrinken lassen.“ Gott antwortet mit ruhiger Stimme: „Nein, mein Lieber, ich habe dich nicht im Stich gelassen. Ich habe dir dreimal die Feuerwehr geschickt.“


In dieser Geschichte lernen wir etwas über das Beten. Das Gebet ist das Thema dieses Sonntages. Der Sonntag trägt den Namen „Rogate“, das bedeutet „betet“ oder „bittet“. Der Wochenspruch steht in den Psalmen und heißt:
„Gelobt sei Gott, der mein Gebet nicht verwirft noch seine Güte von mir wendet.“ (Psalm 66,20)
An diesem Wochenspruch hat sich auch der Mann aus der Geschichte festgehalten. Er war davon überzeugt, dass dieses Bibelwort die Wahrheit ist. Durch nichts und niemand hat er sich beirren lassen. Eigentlich ist er darin ein Vorbild. Doch genau das ist ihm in dieser Geschichte zum Verhängnis geworden. Das Bibelwort hat sich, zumindest aus seiner Sicht, nicht erfüllt. Er ist trotzdem ertrunken. Und dann war es mit dem Lob für Gott vorbei. Dann hat er Gott Vorwürfe gemacht.


Für uns ist es eindeutig, dass dieser Mann einiges falsch verstanden hat. Aber auch wir können aus dieser Geschichte einige Dinge lernen. Drei Dinge will ich da gerne ansprechen:
• Gott erhört die Dinge oft anders, als wir uns das gedacht haben. In Jesaja 55,8+9 lesen wir: „Denn meine Gedanken sind nicht eure Gedanken, und eure Wege sind nicht meine Wege, spricht der HERR, sondern so viel der Himmel höher ist als die Erde, so sind auch meine Wege höher als eure Wege und meine Gedanken als eure Gedanken.“ Wir haben oftmals sehr konkrete Vorstellungen, wie Gott unsere Gebete erhören soll. Oftmals, wenn wir beten, haben wir für Gott auch gleich die Vorschläge parat, wie er unser Gebet umsetzen soll. Aber Gott hat seine eigenen guten Wege. Wir sollten Gott die Freiheit lassen, so zu handeln, wie er es für richtig hält.
• Weil er in seinen eigenen Vorstellungen gefangen war, hatte der Mann in der Geschichte keinen Blick für das Wirken Gottes. Ein Sprichwort sagt: Er sieht den Wald vor lauter Bäumen nicht. Wer jedoch weiß, dass Gott auf nahezu unendlich vielen Wegen in unserer Welt wirken kann, der erkennt dieses Wirken auch an vielen Stellen. Wer die Wunder Gottes sucht, der findet sie auch. Wir sollten, anders als der Mann in der Geschichte, für die Wunder Gottes die Augen offen halten und diese Wunder Gottes dankbar annehmen.
• Der Mann in der Geschichte hatte keinen offenen Blick. Er hat Gottes Wunder nicht gesehen, auch wenn sie eigentlich ganz offensichtlich waren. Auch uns geht es oft wie diesem Mann. Auch wir übersehen es oft, wenn Gott uns die Hand ausstreckt. Dann sehen auch wir den Wald vor lauter Bäumen nicht. Aber auch wenn der Mann Gottes Hilfe nicht gesehen hat, hat ihn sein Weg zu Gott geführt. Sein Ende hier auf der Erde war tragisch, aber seine ewige Zukunft war in Gottes Herrlichkeit. Das gilt auch für uns. Wer auf Gott vertraut, kommt zu ihm. Das gilt, auch wenn wir in unserer Welt manchmal den Wald vor lauter Bäumen nicht sehen. Darauf ist Verlass.


Und so haben wir nun allen Grund, auf die Worte unseres Wochenspruches aus Psalm 66 zu vertrauen: „Gelobt sei Gott, der mein Gebet nicht verwirft noch seine Güte von mir wendet.“ Gott verwirft unsere Gebete nicht, aber er nimmt sie oftmals ganz anders auf, als wir uns das vorstellen. Doch ob wir das erkennen oder ob wir das nicht erkennen, in jedem Fall wendet er seine Güte nicht von uns. Auch wenn wir nicht sehen können, dass er unsere Gebete erhört, meint er es trotzdem gut mit uns. Das ist unsere Gewissheit in Zeit und Ewigkeit. Und das ist wirklich ein großer Grund, Gott zu loben. Ich bin davon überzeugt, dass auch der Mann aus der Geschichte nach seiner anfänglichen Empörung bald in das große himmlische Gotteslob eingestimmt hat.


Für diesen Sonntag Rogate und für die kommende Woche wünsche ich uns, dass wir am Gebet festhalten und dass wir die Augen offen halten für die Wunder Gottes in unserem Leben. Lasst uns in dieser neuen Woche, wie der Mann in der Geschichte, an der Aufforderung dieses Sonntages festhalten: Rogate! Betet!


Und wie immer gilt am Schluss: Der Frieden Gottes, der höher ist als alle Vernunft, bewahre Eure Herzen und Sinne in Christus Jesus.


Ihr / Euer Pfarrer Matti Schlosser


P. S.: Die Andacht wird in den nächsten Tagen wieder im Flur des Pfarrhauses zum Mitnehmen und Weitergeben ausgelegt.