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Andacht zum Pfingstfest (31. Mai 2020)

Veröffentlicht am: 30.05.2020, 18:36 Uhr - von: Andreas Nestler

Liebe Schwestern, liebe Brüder,


in unserer Welt wird China immer mehr zur Supermacht. Durch wirtschaftliche und auch militärische Macht bieten sie der bisher einzigen Supermacht USA mehr und mehr Paroli. Dazwischen ist immer öfter die Frage zu hören: Wird sich Europa im Spiel der Mächte behaupten können? Deshalb wird auch in Europa wieder mehr von Aufrüstung gesprochen. Damit wir unseren Einfluss in der Welt und – noch viel wichtiger – unseren Wohlstand erhalten können, dürfen wir uns weder wirtschaftlich noch militärisch abhängen lassen. Und damit geht ein Spiel weiter, das Jahrtausende alt ist. Verschiedene Staaten und verschiedene Reiche versuchen, ihren Machtbereich auszudehnen. Immer mehr Länder und immer mehr Menschen sollen in ihren Einflussbereich kommen. Versucht wird das mit den immer gleichen Mitteln: mit einer überlegenen Wirtschaft und natürlich mit einem überlegenen Militär.


Dieses Spiel um Macht und Einfluss kannten auch die Menschen zur Zeit der Bibel. Gottes Volk war oft nicht mehr als ein Spielball der Mächte. Nachdem sie aus den Fängen der Ägypter fliehen konnten, waren sie zwar einige Zeit ein freies Volk. Doch bald gerieten sie in die Fänge neuer Großmächte, der Assyrer, der Babylonier, der Perser, der Griechen und schließlich, zur Zeit von Jesus, der Römer. Jede dieser Großmächte drückte dem Volk ihren Stempel auf. Und jede dieser Großmächte herrschte mit der Kraft des Militärs.


Doch durch alle diese Zeiten hindurch erlebte das Volk Gottes, dass es wunderbar geführt wurde. Es ging nicht unter. Weil Gott es so wollte, hatte dieses kleine und schwache Volk durch alle Irrungen und Wirrungen der Geschichte hindurch Bestand. Sicher haben auch die Israeliten manche Schlacht gewonnen, aber gegen die Großmächte ihrer Zeit hatten sie nie eine Chance. Sie hatten eine andere Macht auf ihrer Seite. Es war Gottes Macht, die ihr Überleben sicherte. Die fremden Großmächte konnten dabei sogar Gottes Werkzeuge sein.


Das haben die Israeliten erlebt, als sie unter der Herrschaft der Perser aus der Gefangenschaft in Babylon wieder in ihr Land zurückkehren und den zerstörten Tempel wiederaufbauen konnten. Diesen Glücksmoment ihrer Geschichte konnten sie nicht erleben, weil sich die Israeliten mit Macht und Militär durchgesetzt haben, sondern weil Gott es so wollte. Als der Tempel noch im Bau war, richtete der Prophet Sacharja folgende Worte an den persischen Statthalter Serubbabel, einen Israeliten. Diese Worte sind zugleich der Wochenspruch für das Pfingstfest, das Fest der Ausgießung des Heiligen Geistes, und lauten:
„Es soll nicht durch Heer oder Kraft, sondern durch meinen Geist geschehen, spricht der HERR Zebaoth.“ (Sacharja 4,6b)
Mit dieser Zusage haben sie den Kraftakt geschafft und in einer schwierigen Zeit den Tempel wiederaufgebaut. Der Tempel war das sichtbare Zeichen der Gegenwart Gottes. Auch Pfingsten ist ein Fest der Gegenwart Gottes. Zu Pfingsten wurde der Geist Gottes über die Menschen ausgegossen. Und überall dort, wo Menschen mit dem Geist Gottes unterwegs waren und sind, dort wächst seit fast 2000 Jahren das Reich Gottes. Jeder, der sich durch Gottes Geist leiten lässt, macht die Welt ein Stück weit mehr zum Reich Gottes. Überall dort wächst Gottes Machtbereich in unserer Welt. Dort verändert sich die Welt im Sinne Gottes. Dort wird die Welt besser.


Das Reich Gottes verändert die Welt anders, als es die Großmächte dieser Welt tun. Die Großmächte dieser Welt verändern die Welt durch „Heer und Kraft“, also mit militärischer Gewalt. Das Reich Gottes verändert die Welt durch Gottes Geist. Er ist mit den Menschen unterwegs und er überzeugt sie von innen heraus. Gottes Geist herrscht durch Vertrauen statt durch Angst. Und so ist es egal, wie die Machtverhältnisse in unserer Welt aussehen, das Reich Gottes ist die größte Supermacht dieser Welt. Weder die Babylonier oder die Römer früher noch die Chinesen oder die Amerikaner heute können dem etwas entgegensetzen. Wir in Europa sind gut beraten, uns nicht an den Großmächten unserer Tage zu orientieren, sondern uns in den Machtbereich des Reiches Gottes zu stellen, der wirklichen Supermacht dieser Welt.


Und so stellt sich für uns zu Pfingsten eine Frage: Regiert der Geist Gottes auch in uns, in dir und in mir? Gerade zum Pfingstfest sind wir eingeladen, uns für das Wirken des Heiligen Geistes zu öffnen und diesen Geist in unser Leben einzulassen. Wenn wir das tun, dann regiert uns die beste Supermacht der Weltgeschichte. In allen Spielen von Macht und Gewalt, die in unserer Welt gespielt werden, wissen wir uns von Gott geführt. Diese Spiele brauchen uns so keine Angst mehr zu machen. Wenn wir (nicht nur) zu Pfingsten mit Gottes Geist unterwegs sind und uns von ihm leiten lassen, dann ist das gut für uns und für unsere Welt. Dann wächst Gottes Reich mitten unter uns. In diesem Sinne möge das Pfingstfest in diesem Jahr für uns wirklich ein Fest der Ausgießung des Heiligen Geistes werden.


Uns allen wünsche ich mit diesen Gedanken ein gesegnetes Pfingstfest. Lasst uns zu den Menschen gehören, in denen Gottes Geist wirkt, damit durch uns die unsere Welt mehr und mehr zum Reich Gottes wird.


Und wie immer gilt am Schluss: Der Frieden Gottes, der höher ist als alle Vernunft, bewahre Eure Herzen und Sinne in Christus Jesus.


Ihr / Euer Pfarrer Matti Schlosser


P. S.: Die Andacht wird in den nächsten Tagen wieder im Flur des Pfarrhauses zum Mitnehmen und Weitergeben ausgelegt.