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Andacht zum Sonntag Quasimodogeniti (19.04.2020)

Veröffentlicht am: 18.04.2020, 19:29 Uhr - von: Andreas Nestler

Liebe Schwestern und Brüder,


ein Kind, das gerade einmal eine Woche alt ist, ist voll und ganz auf die Hilfe seiner Mutter angewiesen. Ohne die Mutter (oder eine andere Person, die sich gut um das Kind kümmert) wäre das Kind nicht lebensfähig. Das Leben, das gerade einmal eine Woche alt ist, ist ein besonders zerbrechliches Leben. Das Kind braucht eine besondere Nahrung. Es braucht die Milch. Mit Brot oder Wurst würde das Kleine nicht überleben. So ein Baby ist ein besonderes Lebewesen. Wer so ein kleines, zerbrechliches Neugeborenes schon einmal in seinen Händen gehalten hat, weiß, wie besonders dieses junge Leben ist.


Der Sonntag nach Ostern trägt den ungewöhnlichen und fremdartigen Namen Quasimodogeniti. Dieser seltsame Name ist die lateinische Übersetzung von „wie die neugeborenen Kindlein“. Das stammt aus einem Bibelwort. In diesem Bibelwort heißt es:
„Seid begierig nach der vernünftigen lauteren Milch wie die neugeborenen Kindlein, auf dass ihr durch sie wachset zum Heil.“ (1. Petrus 2,1)
Natürlich geht es in diesem Bibelwort nicht um kleine Säuglinge, sondern um unseren Glauben. Ein junger Glaube ist zerbrechlich und auf Hilfe angewiesen. Früher in der alten Kirche wurden die neu zum Glauben Gekommenen zu Ostern getauft. Bei der Taufe bekamen sie weiße Kleider. Diese weißen Kleider trugen sie zu den Gottesdiensten, die in der Woche nach Ostern jeden Tag gefeiert wurden. Am Sonntag Quasimodogeniti, dem Sonntag nach Ostern, wurden ihnen dann die weißen Kleider abgenommen. Man könnte auch sagen: Ab diesem Tag begann für sie der Alltag als Christinnen und Christen. Doch im Alltag war es wichtig, dass ihr Glaube weiter gute Nahrung erhält, damit ihr Glaube nicht „verhungert“. Diese Nahrung, diese Milch kann nichts anderes sein, als das Evangelium, die frohe Botschaft von Jesus, und das Wort, mit dem uns diese Botschaft verkündet wird. Nur mit dem Wort Gottes als regelmäßige Nahrung kann der Glaube zum Heil wachsen und im Alltag bestehen. Die neu Getauften, wir könnten auch sagen die Neugeborenen im Glauben, brauchen das Wort wie der Säugling die Muttermilch. Ohne das ist der Glaube zerbrechlich und nicht überlebensfähig.


Das Bibelwort aus dem 1. Petrusbrief ist jedoch nicht nur an die gerichtet, die vor Kurzem getauft wurden oder die erst vor Kurzen zum Glauben gekommen sind. Es ist an alle Christinnen und Christen in allen Ländern und zu allen Zeiten gerichtet. Natürlich ist ein erfahrener Glaube meist auch ein gefestigter Glaube. Doch das sollte keine falsche Sicherheit sein. Denn auch ein gefestigter Glaube wird schnell ein zerbrechlicher Glaube, wenn er keine neue Nahrung von Gott aufnimmt. Wie ein Säugling ohne die Muttermilch nicht leben kann, so kann kein Glaube ohne das Evangelium von Jesus und ohne das Wort Gottes überleben. Auch unser Glaube würde so nicht wachsen, sondern verkümmern. Deshalb sagt uns Petrus: Seid „wie die neugeborenen Kindlein“ – Quasimodogeniti. Für ein Neugeborenes ist es selbstverständlich, dass es die Milch jeden Tag braucht. Es schreit danach, wenn es die Milch nicht bekommt. Es sagt nicht: Heute brauche ich mal keine Milch. So soll es auch bei uns sein: Das Wort soll die selbstverständliche tägliche Speise für unseren Glauben sein. Wenn unser Glaube danach „hungert“, soll er danach schreien wie ein hungriges Kind.


Besonders schnell „hungert“ unser Glaube im Alltag. Über Ostern haben viele von uns das Evangelium, die frohe Botschaft von der Auferstehung, gehört und aufgenommen. Trotz der schwierigen Situation in diesem Jahr haben sich dafür viele Wege aufgetan. Doch die Osterwoche lassen wir nun hinter uns. Es beginnt wieder der Alltag – ob mit oder ohne Corona. Und gerade bei all dem, was uns im Alltag beschäftigt, vergessen wir schnell, dem Glauben neue Nahrung zu geben. Es geht im Alltag einfach unter. Das wird allerdings unserem Glauben nicht guttun. Aber Petrus möchte nicht, dass unser Glaube „verhungert“. Er sagt zu uns: Macht es auch nach Ostern wie die neugeborenen Kindlein und nehmt das Wort Gottes auf wie die Kinder die Muttermilch. Dann wächst der Glaube auch im Alltag.


Auch in der kommenden Zeit ist unser Alltag weiterhin durch die Corona-Krise bestimmt. Wie unser Alltag in den nächsten Wochen weitergehen wird, wissen wir nicht. Aber mit der richtigen geistlichen Nahrung kommen wir gut durch den Alltag, wie er auch immer aussehen mag.


Für diese nachösterliche Zeit wünsche ich Ihnen / Euch, dass der Corona-Alltag (bei guter Gesundheit) bewältigt werden kann und dass in dieser Zeit der Glaube immer wieder neue Nahrung bekommt und wächst. Gott segne Sie / Euch am Sonntag Quasimodogeniti und in der kommenden Woche.


Und wie immer gilt am Schluss: Der Frieden Gottes, der höher ist als alle Vernunft, bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus.


Ihr / Euer Pfarrer Matti Schlosser


P. S.: Die Andacht wird in den nächsten Tagen wieder im Flur des Pfarrhauses zum Mitnehmen und Weitergeben ausgelegt.